Schon im Jahr 1928 referierte Peter Birkenholz (1876 – 1961) als Architekt und Professor der Technischen Hochschule München, wie überholt der Münchner Kopfbahnhof schon damals wirkte und welche Vorteile ein Neubau des Bahnhofs für München hätte:
Ich beginne mit den Eisenbahnen, die den inneren und äußeren Organismus eines Verkehrszentrums an stärksten beeinflussen. Auch die Stadt München ziert ja ein sogenannter Kopfbahnhof. Offenbar gehört ein solcher zur Würde einer großen Stadt. Bis hierher und nicht weiter! Es gibt eben immer noch Leute, die meinen, ein Kopfbahnhof sei deshalb zu begrüßen, weil er den Reisenden veranlasse, in seiner Stadt auszusteigen und zu verweilen.
Glücklicherweise ist man heute so weit, dass man einen Kopfbahnhof für ein überlebtes und unpraktisches Möbel ansieht, das keine Daseinsberechtigung mehr hat und das mit dem Tempo unserer Zeit nicht mehr übereinstimmt. Denn jeder Kopfbahnhof bedeutet eine Verzögerung und Verlängerung der Reise.
Darum fort mit dem Kopfbahnhof und dafür ein Durchgangsbahnhof. Dieser ist und bleibt der für den Betrieb idealste Bahnhof, der auf kleinster Fläche den größten Verkehr bewältigt und bei bester Übersicht die größtmögliche Sicherheit gewährt. Einen solchen Bahnhof wünsche ich auch der Stadt München als Hauptbahnhof.
Aus: Ein genialer Verkehrsplan für München von Professor Peter Birkenholz; München – Augsburger Abendzeitung; Samstag, 6. Oktober 1928
Professor Peter Birkenholz zog in seinen Überlegungen den Wechsel zu einer modernen Traktionsart der Lokomotiven mit ein:
Wie sieht nun das Bahnhofsgebäude selbst aus? In einem stützenlosen Riesenraum stehend, wie von einem Ballone aus, überblickt der Reisende den ganzen Bahnhofsbetrieb, kein Winkel ist ihm verborgen. Zu seinen Füßen in langen Zeilen die Bahnsteige und Gleise, keine qualmende Lokomotive des eben einfahrenden Zuges ist zu sehen, diese steht draußen vor der Halle, denn die bewegende Kraft hat in der Halle nichts zu tun. Auch nicht die saubere, reinliche, elektrische Lokomotive, die sich ja, besonders in Bayern, schon ein großes Feld erobert hat. Die verrußte und geschwärzte Bahnsteighalle gehört der Vergangenheit an.
Während im Vergleich zu München der Stuttgarter Hbf seiner Vollendung als Durchgangsbahnhof im Untergrund entgegensieht, wird München Hbf womöglich für alle Zeiten ein Kopfbahnhof bleiben.
Vielleicht würden die Stuttgart 21 Gegner von heute den Argumenten von damals folgen, wenn nicht der neue Durchgangsbahnhof zu leicht den Eindruck eines ausschließlichen Immobiliengeschäfts erwecken würde.
Die Vorteile eines Durchgangsbahnhofs gerieten in Stuttgart aus der öffentlichen Wahrnehmung, während die schwäbische Wirtschaft auf den frei gewordenen Flächen des tiefergelegten Bahnhofs ihrer Geldspeicher in Form von Banken errichtete.
Dagegen werden die Verluste des Stuttgarter Immobiliendeals in Form von gestiegenen Baukosten in Milliardenhöhe durch Generationen von Bahnfahrern getilgt.